Soldateska im Dienst der
Gegenreformation
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Bischof Brenner
aus Seckau zog also mit 300 bewaffneten Musketieren vom Katschberg her kommend über
Gmünd, Spittal, Himmelberg usw. durch ganz Kärnten, ließ von den Soldaten
die Häuser der Bürger und Bauern nach lutherischer Literatur durchsuchen,
diese einsammeln und verbrennen.
Weiters befahl er, dass alle Einwohner
der umliegenden Orte zu einer 3 1/2 stündigen Predigt nach Spittal vor das
Schloss Porcia zu kommen haben, ließ sie
einen Eid auf den katholischen Glauben schwören und die evangelischen
Lehrer und Prediger bis Sonnenuntergang außer Landes treiben.
Das
Prädikantenhaus im Radlgraben bei Trebesing
wurde von der Soldateska zerstört. Ein
Bethaus und Predigerwohnhaus in der Nöring wurde von den Gläubigen vorsorglich
selber abgerissen. Zahlreiche evangelische Friedhöfe und Gräber wurden von
der Reformationskommission entweiht.
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Die "Reformations-
kommission"
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Die gesamte
"Reformationskommission" mit Beamten, Geistlichen und Soldaten
blieb 8 Tage lang in Gmünd, so dass die "Kosten des Saufens und
Fressens bei 3.000 Gulden" betrugen und die Stadt beinahe in den
Bankrott getrieben hätte, wie man in einer lokalen Chronik nachlesen
kann. |
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Bergleute aus Oberkärnten
als Exulanten in Baden-Württemberg |
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Siebzig Tage war diese
"Reformationskommission" in Kärnten unterwegs. Im gleichen Jahr zogen
evangelische Exulanten aus Oberkärnten über den Korntauernpass - es war
mittlerweile Winter geworden - bis nach Freudenstadt im Schwarzwald,
wo Herzog Friedrich von Württemberg plante, eine
Bergbaustadt zu errichten und dem daher die erfahrenen Bergarbeiter aus Kärnten sehr
willkommen waren. Auf diese Weise ist die Bergwerksstadt Freudenberg von Oberkärntner Bergarbeitern gegründet und aufgebaut worden. |
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Wenig Wirkung der Kommission
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Viel Wirkung hatte die
Unternehmung des jesuitischen Seckauer Bischofs aber nicht gezeigt. Als die Kommission
abgezogen war, mangelte es nämlich an geeigneten katholischen
Geistlichen zur Nacharbeit.
Die Bauern lebten nach wie vor in ihren einsamen
Einschichthöfen auf den Bergen und folgten nach außen hin dem Gebot
einer einjährigen katholischen Beichte. Tatsächlich hatten sie aber gelernt, die
Prinzipien ihres Glaubens aus der Hl. Schrift und den Predigtbüchern
heraus zu lesen und so im Verborgenen am Wort Gottes festzuhalten. So entstand der
"Geheimprotestantismus", der je nach Stärke der Verfolgung mehr
oder weniger ausgeprägt war.
Dieser geheime Protestantismus lebte auch
nach der Vertreibung 300 evangelischer Adeliger 1628 aus Kärnten in der
Bauernschaft weiter.
Ein heute bekannter und gut
dokumentierter Versammlungsort der Geheimprotestanten in der Zeit der
Verfolgung war die so genannte "Hundskirche" in der Kreuzen. Näheres dazu
finden Sie unter dem folgenden Link
http://evang.lini.at/frameset.html auf der Homepage der Evang.
Superintendentur Kärnten/Osttirol unter der Rubrik: GESCHICHTE" Ein
historischer Überblick Gedenkstätten |
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Talschaften als
Zentren des
Geheimprotestantismus
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Protestantische Bauern
fanden sich in vielen Tälern Kärntens, wie z. B. im Gailtal (dort
existiert bis heute sogar eine slowenischsprachige Gemeinde in
Agoritschach). Sie fanden sich auch im ganzen mittleren Drautal, wie z. B.
in Paternion mit dem Stockenboier Tal, in
Feistritz, Feffernitz, Fresach
bis nach Villach, weiters auch im Bleiberger Tal
mit evangelischen Bauern und Knappen in den diversen Bergwerken. Die Überwachung in den größeren Städten wie
Villach, St.
Veit und Klagenfurt war zu effizient, weshalb man dort vielfach dem Druck
nachgab und entweder konvertierte oder auswanderte. |
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Immer strengeres Vorgehen
gegen den
Geheimprotestantismus
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Ferdinand II.
und seine Nachfolger erließen immer strengere Gesetze gegen die
Evangelischen. Die inzwischen aus alten katholischen Ländern herbei
geholten Adeligen waren mit den Jesuiten und anderen Orden tätig, um die
getarnten Evangelischen aufzuspüren, ihnen geheime Hausandachten
nachzuweisen, lutherische (verbotene) Bücher zu entdecken und deren
Verstecke zu enttarnen, sowie den geheimen Besuch evangelischer Geistlicher
aus Ungarn und dem Fränkischen zu unterbinden.
Wenn sie einigen Erfolg
damit hatten, konnten sie ansehnliche Prämien dafür kassieren oder die
Genugtuung genießen, "secktische Abtrünnige der Heiligen Kirche wieder
zuzuführen".
Die Methoden der damaligen Zeit waren
hart - wie es die damalige Zeit insgesamt war. Gefängnis, Block, Eisen, Hunger, Kälte und
die dauernde Beredsamkeit katholischer Geistlicher "schafften"
es, dass sich
manche Glaubensgefangenen sogar aus Verzweiflung umbrachten. |
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Schlimme Zeiten unter den
Habsburgern
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Besonders schlimm erging es
Protestanten in den letzten 70 Jahren vor dem Amtsantritt von Kaiser Joseph II. Sein Großvater, Kaiser Karl VI.
(1711-1740) und seine Mutter, Kaiserin Maria Theresia
(1740-1780) machten aus dem protestantischen Bekenntnis ein Verbrechen.
Nicht nur Geldstrafen oder Gefängnis, Verurteilung zu
Galeerenstrafen oder
zum Stellungsbau in Ungarn waren als Bestrafung vorgesehen. Auch eine
Einweisung in ein Konversionshaus (ein so genanntes
"Bekehrungszuchthaus") sollten den
evangelischen Glauben ausrotten.
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"Missionsstationen" gegen
Protestanten |
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Man ließ es sich etwas kosten, in den
besonders "verseuchten" Gebieten so genannte "Missionsstationen"
mit 2 Ordensgeistlichen einzurichten. In Kärnten gab es 26 solcher
Stationen, deren Neubau vom Kaiserhaus angeordnet waren und deren
Unterhalt mit kirchlichen und staatlichen Geldern erfolgte |
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Trennung von den eigenen
Kindern als Druckmittel |
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Traf man auf besonders
hartnäckige Protestanten, die sich trotz mehrer Verurteilungen wegen
"Religionsdelikten" sich nicht "anbequemten", wurden sie mit einem
Sammeltransport nach Linz/Donau gebracht.
Dort wurden sie
vor die Wahl gestellt, entweder katholisch zu werden und bei ihren Kindern bleiben
zu können, oder bei ihrer evangelischen "Starrköpfigkeit" zu bleiben und
von ihren Kindern getrennt und transmigriert zu werden. Die
zurückbleibenden Kinder wurden dann in Klöstern
katholisch erzogen. |
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Siebenbürgen als neue
"Heimat |
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Aus Kärnten wurden allein
1031 Personen auf diese Weise "transmigriert". Sie wurden auf Schiffen
nach Siebenbürgen gebracht. In den Jahren 1752 bis 1756
verstarben dort wegen der harten Lebensbedingungen mehr als 30%.
Diese evangelischen Transmigranten waren
ihrem Bekenntnis nach evangelisch-augsburgischer Konfession. Viele blieben
diesem Bekenntnis treu, manche schlossen sich in Siebenbürgen aber den
hutterischen Gemeinschaften an, die dort nach ihren besonderen Regeln mit
Erwachsenentaufe und Gütergemeinschaft lebten.
Nach vielen Umwegen und
Schicksalsschlägen fanden die Hutterer schließlich in der Neuen Welt -
speziell in Kanada - eine sichere Heimat. |
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Ein Aufatmen geht
durch die Reihen der
Evangelischen |
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Endlich - und bestimmt nicht
zufällig in Linz, dem Ort, wohin "starrköpfige Protestanten"
gebracht wurden - erließ Kaiser Joseph II. am 13. Oktober
1781 das Duldungs- oder Toleranzpatent für die Evangelischen augsburgischer
oder helvetischer Konfession, wie auch für die
griechisch-orthodoxen
Christen. |
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Öffentliches Bekenntnis |
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Nach diesem Patent musste
sich jeder Protestant zu seinem zuständigen Gericht begeben und
vor einer
staatlich-kirchlichen Kommission seinen Übertritt zum evangelischen
Glauben erklären. Er musste seinen Übertritt ausführlich begründen und
gegen Einwände der kirchlichen und weltlichen Autoritäten behaupten.
Darunter waren auch viele ältere Menschen, Offenbar waren sie gut
vorbereitet, denn es gab keine einzige Ablehnung ihres
Wunsches.
Es war bestimmt keine
Kleinigkeit, so ein Bekenntnis in aller Öffentlichkeit vor den Schranken
eines Gerichtes nach 180 Jahren der Verfolgung und strikten Verbots
abzulegen. |
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"Toleranzgemeinden"
entstehen
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In Oberkärnten meldeten sich
die meisten Evangelischen aller österreichischen Bundesländer, nämlich
13.120 Männer und Frauen. Die neuen Bestimmungen sahen vor, wenn ein Ort 100 Familien oder 500 Seelen auswies, durfte eine evangelische Gemeinde
gegründet, ein Bethaus und eine Schule errichtet, ein Friedhof angelegt
und ein "Pastor" berufen werden (der Titel "Pfarrer" und die Bezeichnung
"Kirche" war der "dominanten" katholischen Kirche vorbehalten).
In
Oberkärnten entstanden 14 Toleranzgemeinden mit zwei Filialgemeinden. Für
alle Bauvorhaben gaben die Bauern ihre Gründe her und für die Versorgung
der Pastoren einige Felder, damit diese leben konnten. Denn die "Pastoren" mussten
leben wie ihre Pfarrkinder - als Bauern eben. Daneben mussten nach wie
vor die üblichen Abgaben für den röm.-kath. Pfarrer und dessen Mesner
geleistet werden.
Da die neu gebildeten Gemeinden als erstes Presbyter ("Gewaltträger")
beriefen, welche die Gemeindeleitung übernahmen, bis ein Pastor zu ihnen
kam, wuchs die evang. Kirche aus diesen Gemeinden rasch zu einer
eigenständig handelnden Gemeinschaft heran, auch wenn sie von offizieller
Seite nur als "zweitrangige"
christliche Kirche gesehen wurde.
Man war noch weit entfernt von Religionsfreiheit, denn jeder, der evangelisch werden wollte, musste sich
erst gewissen Pflichtunterweisungen beim röm.-kath. Dorfpfarrer
unterziehen, bis er endlich Mitglied der "Akatholischen Gemeinde CA" (confessionis augustanae) werden durfte.
Gegen einen
biblisch fundiert gebildeten
Protestanten hatten die Dorfpfarrer allerdings
kaum eine Chance, sich durchzusetzen.
Sie mussten zähneknischend zugeben, dass die Prostestanten die
Bilbel und ihre Aussagen
viel besser kannten als sie selber. So musste ein Pfarrer aus
Paternion einem Amtsbruder in Obervellach peinlich berührt
bekennen: "...Es hätte darselbst nit viel gebrauchet, und der
Protestant hätt mich auch auf ir newe grewliche secktisch Lehrseit gezogen..." |
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Ein Bethaus mit Apsis |
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Die Suche nach einem
geeigneten Platz für ein Bethaus war in manchen Orten sehr
schwierig, weil daran bestimmte Bedingungen geknüpft waren (abseits der
Straße, ohne Turm und Glocken, ohne sakrales Element, ohne Kreuz, ohne
durchgehende Fenster oder Apsis).
Das erste Bethaus in Fresach
war aus Holz und wurde von feindlich gesinnten Katholiken in Brand gesteckt. Die
Evangelischen bauten sofort ein neues Bethaus, diesmal aus Stein und mit
Apsis. Sie erstatteten keine Anzeige, dafür schwiegen die
Katholiken zu dieser Bauweise, weshalb das Bethaus in Fresach,
früher das Diözesanmuseum, eine
Apsis aufweist. |
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http://root.riskommunal.net/gemeinde/fresach/gemeindeamt/html/dmuseum2.htm |
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Landesausstellung
Fresach 2011 |
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Die Kärntner
Landesausstellung 2011 in Fresach informiert in
zahltreichen Stationen und Veranstaltungen über die Geschichte des
Protestantismus, die Zeiten der Verfolgung und des
Geheimprotestantismus, bis in die Neuzeit unter dem Motto:
"Glaubwürdig bleiben" |
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http://www.landesausstellung011.at |
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Die restriktive Auslegung
des Protestantengesetzes |
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Protestanten durften
keine öffentlichen Ämter bekleiden und bis 1848 war ihnen
jeglicher Grunderwerb verboten.
Die restriktive Auslegung der
Toleranzpatentbestimmung sieht man auch am Beispiel Zillertal.
Dort wollten evangelische Tiroler eine Gemeinde gründen, was von der
Tiroler Landesregierung mit der Begründung abgelehnt
wurde: "Eine Toleranzgemeinde im Heiligen Land Tirol
wäre wie ein Stein, den man von außen in das Paradies
hineinwirft!" Daraufhin verließen 300 Zillertaler ihre Heimat,
viele kamen auch nach Kärnten. |
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Keine theologische
Ausbildung in Österreich |
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Eine eigene Ausbildung für
evangelische Pastoren gab es nicht, daher kamen die
Theologen aus Deutschland angereist. Die Regierung wurde immer misstrauischer
gegen diese von außerhalb kommenden Geistliche, so dass man 1821 in Wien
eine theologische Lehranstalt einrichtete.
Dazu musste man
allerdings wieder deutsche Theologen als Lehrer berufen
musste, da es entsprechend qualifizierte Kräfte in Österreich noch nicht
gab. Diese deutschen Theologen brachten auch die ersten liberalen
Gedanken in die ländlichen Gemeinden. |
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Staatsbürgerliche
Gleichstellung |
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Unter Kaiser
Franz Joseph kam die staatsbürgerliche
Gleichheit mit den katholischen Einwohnern Österreichs. Er erlaubte im Jahre 1848, dass ein Bethaus einen Turm und
Glocken erhalten dürfe. Immerhin erst 12 Jahre später (1861) erlangen die
Evangelischen durch das Protestantenpatent die zumindest
staatsbürgerliche Gleichheit mit den katholischen Einwohnern Österreich. |
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Revolution und
Kirchenverfassung |
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Die Revolution von
1848 bringt es mit sich, dass viele Protestanten eine
Verfassung für ihre Kirchen und eine Kirchenleitung
fordern, die eigenständig die Angelegenheiten der Kirche regelt und
bestimmt. Das für die Leitung der Kirchen vom Staat eingesetzte
"Konsistorium" erregte immer wieder Kritik.
Die Revolution unmittelbar hat keine
Verfassung für die Evangelischen gebracht, aber immerhin die
Aufhebung der drückendsten Bestimmungen der
Toleranzdekrete. |
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Das Verfassungspatent |
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Das Verfassungspatent
Kaiser Franz Josephs von 1849 stellte den Evangelischen eine
eigenständige Verwaltung in Aussicht. Man traf sich bei einer
protestantischen Konferenz in der Sakristei der
Reformierten Stadtkirche in Wien, um die Weichen für die Zukunft
zu stellen.
Die Freude währte allerdings nicht lang. Schon im Dezember
nahm der Kaiser viele Reformen wieder zurück, etwa das
allgemeine Wahlrecht, die Pressefreiheit, und eben auch das
Verfassungspatent. Gegen Aufständische rückte das Militär aus |
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Konkordat mit Rom |
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Mit dem Konkordat
von 1855 versuchte Franz Joseph den katholischen Charakter der
Habsburger Monarchie zu betonen. Wer pro-habsburgisch
ist, muss also pro-katholisch sein. Außerdem wurde das
Schulwesen zunehmend stärker von katholischer Hand
kontrolliert, kirchliche
Zensurbestimmungen machten das Leben von Journalisten schwer, das Eherecht
wurde nach katholischer Auffassung festgeschrieben, leider auf dem Rücken
der Nichtkatholiken Österreichs. |
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Protestantenpatent |
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Am 9. April 1861 wurde das
kaiserliche Protestantenpatent erlassen, das den
Evangelischen zum ersten Mal in ihrer Geschichte der
Unterdrückung, Verfolgung und Duldung, eine wenn auch immer noch etwas
eingeschränkte rechtliche Gleichstellung bringt. |
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Protestantengesetz
von 1961
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Erst hundert Jahre später,
1961, beschließt das österreichische Parlament das "Protestantengesetz",
in welchem der Evangelischen Kirche in Österreich alle notwendigen
Freiheiten ihres Glaubenslebens, die Einrichtung einer Evangelisch-theologischen Fakultät, ein jährlich gesicherter Bundeszuschuss,
Besuch aller Krankenanstalten und Gefängnisse, Militärseelsorge, freie
Wahl aller Geistlichen und jede Verbindung mit in- und ausländischen
Glaubensgemeinschaften (Ökumene) genehmigt wurde |
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Aus Verfolgten
werden freie Gläubige |
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Aus Verfolgten, aus
Transmigranten, aus Geheimprotestanten wurde mit Gottes Hilfe und
Begleitung durch die Jahrhunderte eine "freie Kirche in einem freien
Staat". |
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